Was genau ist eigentlich REISHI ?
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Anmerkung: Dieser Beitrag wird gelegentlich umgeschrieben, um aktuellen Erkenntnissen der Wissenschaft Rechenschaft zu tragen oder weitere Infos einzuflechten. Weiter unten werden in den nächsten Tagen zahlreiche Bilder
der verschieden Arten gezeigt.
Immer noch sorgt der Begriff Reishi bei Pilzfreunden, Züchtern, alternativen
Ärzten und "Kräuterhexen" für Verwirrung. Ein sagenumwobener Heilpilz,
der auch in unseren Wäldern wachsen soll?
Reishi (jap.) oder Ling-Zhi (chin.) sind ungeschützte und oft mißbräuchlich oder irrttümlich verwendete Überbegriffe für verschiedene Lackporlings-Arten und werden mittlerweile für gelbe, rote, braune oder sogar schwarze Arten der weltweit vorkommenden Gattung Ganoderma benutzt.
Wirkstoffgehalte, Wachstumsverhalten und auch Zuchtparameter unterscheiden sich aber nach Herkunft und Art mitunter stark.
Viele Händler von Pilzprodukten und Pilzkulturen, aber mittlerweile auch viele amerikanische und europäische Pilzsucher, nennen alle Lackporlinge einfach "Reishi", ohne verbindlich anzugeben oder zu wissen, um welche Pilzart genau es sich handelt. Bei den Lackporlingen gibt es mindestens 80 Arten, manche sehen sich zum Verwechseln ähnlich, haben aber unterschiedliche Wirkstoffgehalte. Die Verwendung und Einhaltung der korrekten Taxonomie ist die wichtigste Voraussetzung für den seriösen Handel mit Naturprodukten, allein schon zum Schutz der Konsumenten.
Sogar renommierte Lehrseiten verbreiten noch immer die Annahme, mit Reishi sei der auch in unseren Wäldern wachsende Glänzende Lackporling Ganoderma lucidum gemeint. Sie suggerieren damit, dieser würde auch in Fernost wild vorkommen und würde dort seit 4000 Jahren hochverehrt. Aber dem ist nicht so, wie man seit
ein paar Jahren weiß. Glänzende Lackporlinge sind eine vorwiegend europäische Art,
die östlichsten Funde stammen aus Westchina. Reishi ist aber ein japanisches Wort, und in Japan kommt Ganoderma lucidum nicht natürlich vor.
Die Bilder zeigen verschiedene Zuchtstämme des Glänzenden Lackporlings, G. lucidum
In der gesamten alten asiatischen Heilkunst wird der Geschmack echter Reishis zudem als sehr bitter beschrieben. Tatsächlich erhalten Sie in chinesischen oder japanischen traditionellen Kräuterapotheken keinen Ling-Zhi oder Reishi, der nicht wirklich richtig bitter ist. Glänzende Lackporlinge sind hingegen so gut wie gar nicht bitter.
Nach neuerer wissenschaftlicher Einschätzung kommen für originalen Reishi, wie er bereits vor 2000 Jahren in der Literatur der Han-Dynastie in China als "Ling-Zhi" beschrieben worden ist, deshalb eher mehrere andere Arten der Gattung Lackporlinge in Frage.
In erster Linie ist das eine Art, die aus Referenzgründen seit 2012 als Ganoderma lingzhi bezeichnet wird. Sie gilt aber mittlerweile nur als Synonym für Ganoderma sichuahense. Diese Art wird gleichgestellt mit der Art, die in zahlreichen Darstellungen in alter japanischer und chinesischer Literatur zu finden ist. Ein Bild dieses Pilzes sehen Sie oben. Auch weitere in Fernost wild wachsende schwarze Arten wie G.sinense, G.formosanum, und G.neo-japonicum werden von Fachleuten als "originaler" Reishi eingestuft. Alle diese Arten schmecken sehr bitter. G.multipileum gilt als Ausnahme, dieser ist zwar weniger bitter, gilt aber als genauso wirkkräftig.
Hier im Vergleich asiatische Arten, Sie sehen G.linzhi, G.formosanum und G.multipileum
Der nur in Europa und Vorderasien und neuerdings auch in den USA (durch Zuchtbetriebe eingeschleppt) wachsende G.lucidum zählt eigentlich nicht zu den Pilzen, die als Reishi bezeichnet werden sollten, obwohl er ebenfalls wirkstoffhaltig und in der Kräuterheilkunde vieler Völker auch als bedeutender Medizinalpilz eingestuft ist. Seit dem August 2023 ist bekannt, welcher im Pilz enthaltene Stoff letztendlich für die erfolgreiche Bekämpfung bestimmter Krebszellen verantwortlich ist und wie der Molekülpfad im Körper genau verläuft. Trotz dieser Tatsache wird meiner Meinung nach die Bedeutung als Medizinalpilz leicht überschätzt.
In dieser verlinkten Studie von Florian Hennecke et.al. wurden zwei Stämme eines belgischen Brutproduzenten genauestens untersucht und miteinander verglichen,
die Ergebnisse sprechen für sich. Der europäische Glänzende Lackporling bildet schönere Farben als der chinesische Lackporling, beide Sorten sind sehr leicht züchtbar. Von den Gehalten her übertrifft der asiatische echte Reishi
die europäische Art aber deutlich.
Weitere in Europa wachsende Arten, wie z.B. der harzige Lackporling (G.resinaceum), der walisische Lackporling (G.valesiacum), der kupferrote Lackporling (G.pfeifferi) und der dunklen Lackporling (G.carnosum) gelten ebenfalls als vielversprechend, sind aber noch nicht alle auf ihre Gehalte überprüft worden. Auch mehrjährige Arten aus der Familie, wie der manchmal gigantische Flache Lackporling, G.applanatum oder der Wulstige Lackporling G. adspersum (syn. G.australe oder G.europaeum) enthalten viele Inhaltsstoffe, sind jedoch aufwändiger zu züchten, weil sie eher langsam wachsen. Wildfunde hingegen sind oft nicht mehr insektenfrei und kommen deshalb für Viele nicht mehr als Medizin in Frage.
Ein kleiner Einblick in europäische Arten, G.resinaceum, G.pfeiiferii, G.applanatum, G.carnosum
Auch die in Nordamerika wachsenden roten und gelben Arten wie G.oregonese, G.tsugae oder G.curtisii, die mittlerweile zu den nächsten Verwandten der asiatischen Arten gerechnet werden, zählen streng genommen nicht dazu, obwohl ihnen eigentlich ein Platz im erlauchten "Club der echten Reishi" zusteht. Als wertvollster nordamerikanischer Reishi gilt G.tsugae.
Amerikanische Arten sind oft recht farbenfroh, Sie sehen G.oregonese, G.tsugae und G.curtisii
In der asiatischen Volksmedizin ist Reishi bekannt für seine tonisierenden Effekte und seine nachhaltige Wirkung auf das menschliche Immunsystem. Wir machen uns eine heiße Zitrone, wenn eine Erkältungswelle naht. In Asien bereitet man dann eher ein einen Reishi-Tee.
Die Wirkung auf unseren Organismus ist in China seit 4000 Jahren bekannt. Viele hundert Jahre lang war der Genuß des Pilzes ausschließlich dem Kaiserhof vorbehalten. Wilde Funde mussten der Präfektur gemeldet werden, Beamte bargen dann den Schatz und verfrachteten ihn in die "verbotene Stadt". Die ersten Züchter des Pilzes waren quasi automatisch Bedienstete des Kaisers und mussten deshalb
auf der Straße höflich gegrüsst werden. Verweigerern dieser Würdigung
drohten zur "Umerziehung" ein paar Stockhiebe des Dorfpolizisten.
Heutzutage hat die Produktion von "Ling-zhi" in China und Gesamtasien industrielle Ausmaße erreicht. Der Pilz wird dort landwirtschaftlich erzeugt, aber auch durch "Liquid fermentation tec" in großen Bioreaktoren. Dabei gewinnt man zwar keine Fruchtkörper, aber Myzelmasse. Diese Masse wird getrocknet, pulverisiert
und in alle Welt verkauft.
Beim Kauf von Pilzprodukten, z.B. Kapseln oder Tinkturen sollte der Verbraucher sehr genau hinschauen, was er bekommt. Leider ist die am Markt erhältliche Qualität oft erschreckend schlecht, wie eine Studie aus Amerika beweist. Getestet wurden dutzende von verschiedenen Kapseln und Tinkturen verschiedener Anbieter, das Ergebnis war niederschmetternd. In vielen Produkten konnten nur Spuren der versprochenen Inhalte nachgewiesen werden, oftmals waren die Produkte überlagert oder sogar mit anderen Pilzen oder Milchzucker "gestreckt".